Die „Lego 4×5 Black & White“ – Entstehungsgeschichte einer ungewöhnlichen Großformatkamera

Der Sozialwissenschaftler und (Foto-) Pädagoge Sven Spierling aus Mettmann führt nicht nur Fotoprojekte mit unterschiedlichen Zielgruppen durch. Er experimentiert mit analogen Kleinbild-, Mittel- und Großformatkameras. In diesem Beitrag stellt er dar, wie er eine großformatigen Legokamera gebaut und mit dieser experimentiert hat. Dabei lässt er an seinen Erfahrungen teilhaben und zeigt zugleich eine faszinierende Projektidee.

Sven Spierling: Selbstporträt im Spiegel: Das Foto wurde mit der Legokamera gemacht.

Anfang 2018 entdeckte ich mit meinem Sohn meine alten LEGO-Bausteine. Wir fingen an zu bauen und ich besorgte Unmengen an losen Steinen (im Fachjargon „Bricks“ genannt). Zur gleichen Zeit beschäftigte ich mich mit dem Bau von Lochkameras und war von dem Gedanken geleitet, größere Formate zu belichten als Kleinbild und Mittelformat. Daraufhin begann ich eine 4×5 Großformat Kamera aus Lego Steinen zu bauen.

Während ich also zu Hause mit meinem Sohn anfing, die Basis der Kamera zu bauen wurde das Objektiv (ein Schneider-Kreuznach Angulon 1:6,8/120) und diverse Planfilmkassetten geliefert. Sehr schnell stand mein Konzept fest: Ich baue die Kamera ausschließlich aus schwarzen und weißen Steinen und fotografiere ebenso mit Schwarzweiß-Material. Kein Stein der Kamera ist geklebt, die einzigen Fremdkörper sind ein Großformat Objektiv sowie die Mattscheibenhalterung/Planfilmkassette.

So fing ich an, den inneren Korpus der Laufbodenkamera zu bauen und integrierte das Objektiv eingefasst mit Legosteinen. Boden und Decke der Kamera sind mit insgesamt drei Lagen unterschiedlichster Lego Platten ausgestattet. Die Außenwand besteht zum größten Teil aus 1×4 & 1×6 Bricks, die ausschließlich versetzt und doppelwandig auf die Grundplatte befestigt wurden. Mein Sohn half fleißig mit, die notwendigen Steine zu suchen und zusammenzusetzen.

Die Legokamera mit Objektiv von vorne.

Sowohl das Einfassen des Objektives mit Bricks als auch der Aufbau des Kamerarückteils für die Befestigung der Mattscheibe und Planfilmkassette waren etwas knifflig. Hierbei waren ein paar Versuche mit unterschiedlichen Bricks notwendig um die Stabilität, Proportionen und Abstände zwischen Blende & Filmeebene passgenau umzusetzen. Anschließend zerlegte ich eine Planfilmkassette und befestigte eine matte Glasscheibe auf der Filmebene für die Kontrolle des Bildausschnitts und der Schärfe. Die Planfilmkassette plus Mattscheibe lassen sich stabil fixieren und wieder entnehmen.

Als der Objektivkörper fertig gestellt war begann ich mit dem Laufboden und mit dem äußeren Korpus der 4×5 Kamera. Zunächst stellte ich die Grundfläche und die Außenwand zusammen. Die Grundfläche basiert auf einer dreifachen Lage Steinplatten (Plates) in diversen Größen und Längen. Der Laufboden, auf dem der Objektiv-Körper beweglich nach vorne und nach hinten verschoben werden kann, ist ganzflächig mit Fließen (Tiles) ausgestattet.

Am Ende hatte ich rund 2750 Lego Platten, Fließen und diverse Steine verbaut.

Die Legokamera mit Mattscheibe von hinten.

In dieser Zeit tauschte ich mich mit Jens Werlein aus. Jens ist DER Spezialist für Lego-Kameras und war unglaublich interessiert an meinem Vorhaben. Zeitgleich lernte ich Aran Hudson alias Cole Blaq kennen: Einen Brick Art Künstler aus Düsseldorf. Der Austausch zwischen Gleichgesinnten über „Lego und die Welt“ befeuerte meine Motivation. So entstand meine Idee, den Brick Art Artist und Lego-Künstler mit der gebauten Legokamera zu porträtieren.

Als die ersten Fotos belichtet waren, zog ich mich in die Dunkelkammer zurück. Neben dem Bau und der Fertigstellung der Kamera ein weiterer sehr spannender Moment! Nach der Entwicklung war die Freude groß, dass alles funktioniert hat und halbwegs brauchbare Negative entstanden sind. Es wurde aber auch schnell klar, wo sich Probleme ergaben. So viel steht fest: lichtdicht ist die Kamera nicht. Vor allem über die Planfilmkassetten-Öffnung gelangt Licht in die Kamera. Durch den Lichteinfall wird auch das Scharfstellen über die in der Planfilmkassette eingebaute Mattscheibe zur Herausforderung. Outdoorfotos und Fotos in stark beleuchteten Räumen sind nicht einfach zu steuern. Abgedunkelte Räume mit einer Lichtquelle auf das Motiv gerichtet sind hingegen weniger problematisch.

Mit der Legokamera fotografiertes Porträt des Legokünstlers Aran Hudson.

Die Fotos haben einen eigenwilligen Look, der mir gefällt. Daher nehme ich die beschriebenen Einschränkungen in Kauf und werde an der ersten Version der Kamera nichts verändern, sprich verbessern.

Das Projekt ist keine neue Erfindung. Ich denke Jens Werlein ist der Lego-Kamera-Konstruktionsmeister auf unserem Planeten Erde und Cary Norton hat in der Vergangenheit viel Aufmerksamkeit mit seiner Lego-Großformat Kamera namens Legotron Mark I auf sich gezogen – um nur zwei Persönlichkeiten zu nennen.

Links zu ihren Arbeiten finden sich hier:

Jens Werlein: http://werlein-fotografie.blogspot.com/

Cary Norton: https://carynorton.com/legotron-mark-i

 

Brickart von Aran Hudson fotografiert mit der Lego 4×5 Black & White.

 

Mrz 6th, 2020 | By | Category: Hardware, Labor und Experimente

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